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Lebensmittelversorgung Österreich

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  • Lebensmittelversorgung Österreich

    Die Coronakrise hat den Fokus der Öffentlichkeit auf die Versorgungssicherheit in Österreich gelenkt. Seitens der Regierung heißt es nun, man wolle den Selbstversorgungsgrad bei kritischen Produktgruppen erhöhen. Die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Produkten soll krisensicherer gemacht werden. Doch wie steht es wirklich um die Selbstversorgung in Österreich? Wie gut können wir hierzulande den Eigenbedarf an Obst, Gemüse, Fleisch und anderen Lebensmitteln decken? Und so unsere Lebensmittelversorgung noch krisenfester machen?

    Aus einem Greenpeace Report:

    Bei der Selbstversorgung mit Obst und Gemüse - auch jenem, das problemlos in Österreich angebaut werden könnte - zeigt sich allerdings ein wenig erfreuliches Bild: Nur 71 Prozent des Bedarfs an heimischen Obst Obst, das in Österreich ohnehin nicht wächst wie Bananen oder Orangen sind hier also bereits rausgerechnet - und 58 Prozent des Gemüses werden im fünfjährigen Mittel in Österreich produziert. Der Selbstversorgungsgrad mit Gemüse hat in den letzten Jahren sogar sukzessive abgenommen.

    Der derzeitige Milch- und Fleischkonsum in Österreich wird durch die Inlandsproduktion derzeit hingegen mehr als gedeckt. Der Selbstversorgungsgrad bei Fleisch liegt in Österreich bei 109 Prozent. Das heißt wir produzieren hierzulande mehr Fleisch, als wir verbrauchen. Allerdings essen wir aber ohnehin extrem viel Fleisch pro Kopf rund das Dreifache der maximal als gesund erachteten Menge. Für eine gesunde, ausgewogene Ernährung sollte unser Fleischkonsum also rund um zwei Drittel niedriger sein. Rund 60 Prozent der Ackerflächen in Österreich werden für die Futtermittelproduktion oder Tierzucht genutzt. Rechnet man noch Weideflächen hinzu, dann werden in Österreich rund 80 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche zur Ernährung von Tieren genutzt. Weil Agrarförderungen großteils nach Fläche ausbezahlt werden, fließt daher auch der Löwenanteil der Agrarförderungen in die Produktion von tierischen Lebensmitteln. Diese Gelder fließen entweder direkt an tierhaltende Betriebe oder sie fließen in die Produktion von Futtermitteln. EU-weit gehen jährlich zwischen 28 und 32 Milliarden Euro der Europäischen Agrarsubventionen an Tierhaltungsbetriebe oder Betriebe, Futtermittel für Tiere erzeugen. Das sind 69 bis 79 Prozent aller EU-Agrar-Direktzahlungen. Oder anders ausgedrückt 18 - 20 Prozent des gesamten EU Budgets.

    Bei Kohlenhydraten in Form von Getreide, Kartoffeln oder auch Hülsenfrüchten liegt der Selbstversorgungsgrad bei über 80 Prozent. Direkt in die Ernährung gehen hier aber nur etwa ein Viertel der Produktionsmengen der Rest wird an Nutztiere verfüttert oder industriell verarbeitet (bei Getreide zum Beispiel zu 39% zu Produkten wie Stärke und Zitronensäure, zu 18% aber zu Bioethanol4. Bei Getreide wird also deutlich mehr produziert, als wir für Lebensmittel benötigen, auch wenn einzelne Produkte wie etwa Reis importiert werden müssen.

    Tomaten sind das Lieblingsgemüse der Menschen in Österreich. 30 Kilogramm wurden 2018 pro Kopf gegessen. Angebaut wird hierzulande allerdings deutlich weniger, als benötigt: der Selbstversorgungsgrad liegt bei gerade einmal 20 Prozent.

    Eindeutig das Lieblingsobst der Menschen in Österreich. 21 Kilogramm Äpfel werden pro Kopf und Jahr verzehrt. Zum Vergleich: Bananen folgen auf dem zweiten Platz bereits abgeschlagen mit 13 Kilogramm. Bei Orangen als Nummer drei des beliebtesten Obstes sind es sogar nur 5 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Hauptanbaugebiet für Äpfel in Österreich ist die Steiermark. Drei von vier österreichischen Äpfeln wachsen hier. Der Selbstversorgungsgrad liegt im fünfjährigen Mittel bei 88 Prozent, wobei dieser je nach Wetter von Jahr zu Jahr extrem schwanken kann.

    Fast drei Kilogramm Erdbeeren essen die Menschen in Österreich pro Kopf pro Jahr. Damit sind die Erdbeeren die wichtigste Beere, die vor allem in Niederösterreich und Oberösterreich angebaut wird. Der Selbstversorgungsgrad in Österreich liegt im fünfjährigen Mittel allerdings nur bei 39 Prozent.

    Entgegen der weitverbreiteten Annahme kann Österreich derzeit seinen Bedarf an Gemüse und (heimischen) Obst nicht annähernd selber decken. Nur 58 Prozent des Gemüsebedarfs, 46 Prozent des Obstbedarfs bzw. 71 Prozent des heimischen Obstbedarfs (Früchte, die in Österreich nicht wachsen, wie Bananen oder Orangen, sind hier rausgerechnet) wird in Österreich produziert. Gerade bei Gemüse hat der Eigenversorgungsgrad in den letzten Jahren sukzessive weiter abgenommen. Gleichzeitig produziert Österreich enorme Mengen an Fleisch nämlich deutlich mehr als 300 Prozent der
    benötigten Menge was viel zu viel landwirtschaftliche Fläche bindet und dem Klima schadet.

    Um unser Lebensmittelsystem krisenfester, unabhängiger aber auch nachhaltiger zu machen, muss die Politik hier korrigierend eingreifen. Besonders krisenfest und unabhängig wirtschaftet in Österreich die biologische Landwirtschaft. Im Gegensatz zu konventionellen Betrieben wirtschaften sie von Anfang an ohne Stickstoff-Mineraldünger und chemisch-synthetischen Pestiziden, die meist aus anderen Ländern importiert werden müssen. Auch ist die biologische Landwirtschaft vollständig unabhängig von Futtermittelimporten. Weiters wird in der biologischen Landwirtschaft dank vielfältigerer Fruchtfolgen das Risiko von Ausfällen auf mehr verschiedenen Kulturen verteilt.

    Wenn die österreichische Bundesregierung also unsere Selbstversorgung erhöhen und unser Lebensmittelsystem krisenfester machen will, dann muss sie gezielt den Ausbau der Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln forcieren. Das heißt auch, dass Ackerflächen, die jetzt zur Produktion von Futtermittel genutzt werden, vermehrt für die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln direkt für uns Menschen genützt werden müssen. Das setzt wiederum eine Reduktion von Produktion und Konsum von Fleisch in Österreich voraus. Und sie muss insbesondere verstärkt eine vielfältige, biologische Landwirtschaft fördern.

    Quelle: Greenpeace
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  • #2
    Greenpeace Petition

    Essen ist die Grundlage unseres Lebens. Das beste Essen wird im Einklang mit der Natur hergestellt: Wo achtsam mit Mensch und Umwelt umgegangen wird. Wo Tiere mit Respekt behandelt werden. Und wo auch Bäuerinnen und Bauern ein gutes Leben haben.

    Doch unsere Lebensgrundlage ist in Gefahr. Riesige Agrarkonzerne wie Bayer und Monsanto sind auf dem Vormarsch. Chemikalieneinsatz, qualvolle Massentierhaltung und zerstörerische Monokulturen breiten sich immer weiter aus. Das unfaire EU-Agrarfördersystem (GAP) heizt diese Entwicklungen weiter an, weil die größten Betriebe die höchsten Fördersummen erhalten. Zeitgleich bedrohen Handelspakte wie CETA und Mercosur durch Billigstimporte die Qualität unseres Essens und das Überleben unserer BäuerInnen.

    Wir aber wollen hochwertiges Essen statt ungesunder Massenware. Wir wollen Lebensmittel, deren Herkunft man kennt und deren Etiketten man vertrauen kann. Wir wollen Essen, das nach den Gesetzen der Natur hergestellt wird und nicht nach den Gesetzen des Weltmarktes.

    Jetzt haben wir die Chance mitzuentscheiden: Die Mitgliedsstaaten der EU verhandeln über die zukünftige Vergabe der Agrar-Fördermittel. Dabei geht es um nicht weniger als die Frage, was wir in Zukunft auf unseren Tellern haben. Führen wir ihre Vorschläge hin zu hochwertigem Essen aus nachhaltiger Landwirtschaft!

    Unterzeichnen Sie jetzt die Petition und setzen sich mit uns für Lebensmittel ein, die uns und unserer Umwelt gut tun. Jeder Bissen zählt!

    Quelle: Greenpeace
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    • #3
      Risiken für die Lebensmittelversorgung

      Die Coronakrise hat uns die Verletzlichkeit unserer Gesellschaft vor Augen geführt: Vieles was wir für selbstverständlich halten – etwa der Zugang zu gesunden Lebensmitteln – kann durch Krisen oder Schocks auch in Österreich überraschend schnell ins Wanken geraten.

      Corona hat neben der Versorgung mit medizinisch notwendigen Produkten insbesondere die Frage aufgeworfen, wie Österreich bei der Versorgung mit Lebensmitteln krisensicher werden kann. Jede und jeder Einzelne von uns ist fundamental auf eine funktionierende und sichere Versorgung mit Lebensmitteln angewiesen. Auch die sogenannten “Hamsterkäufe” zu Beginn der Coronakrise waren ein Ausdruck dieses elementaren menschlichen Bedürfnisses nach einer sicheren Versorgung mit Lebensmitteln.

      Was sind also die größten Gefahren für unsere Lebensmittelversorgung in Österreich? Wo müssen wir künftig ansetzen, um unsere Lebensmittelversorgung abzusichern? Greenpeace hat Wissenschaftler der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) beauftragt, die größten Gefahren für eine sichere Lebensmittelversorgung in Österreich zu analysieren - und wie wir diesen effektiv begegnen können. Daraus wurde ein 10-Punkte-Plan an Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung abgeleitet.


      Klimaveränderung
      Die Klimakrise und Extremwetter wie Dürre, Hagel und Hochwasser bedrohen die Versorgungssicherheit in Österreich. Eine BOKU-Analyse zeigt, dass aufgrund der Klimakrise und zunehmenden Extremwetterereignissen Österreich schon ab 2035 mit Ertragseinbußen in der Landwirtschaft um 19 Prozent rechnen muss. D.h. zwangsläufig wird in Österreich weniger Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und andere Lebensmittel geerntet werden. Auch die Weidehaltung von Tieren wird damit weniger produktiv, denn auch Gras wächst bei Trockenstress weniger. Das alles hat direkte Konsequenzen für die Lebensmittelversorgung.

      Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird jeder vierte Monat in Österreich im Vergleich zu heute ungewöhnlich trocken ausfallen, was zu massiven Dürreschäden führen wird. Doch schon heute sind Dürren und Wetterextreme Realität: So wurden in der österreichischen Landwirtschaft alleine 2018 ca. 270 Millionen Euro an Schäden durch Extremwetterereignisse verursacht. Im Frühling 2020 ist es zu einer längeren Dürreperiode im Raum Niederösterreich gekommen. Die Folgen der Wasserknappheit haben sich nicht zuletzt auch im Sommer 2019 in Österreich gezeigt, als den Bäuerinnen und Bauern auf vielen Almen aufgrund der klimabedingten sehr ausgeprägten Dürre das Wasser ausgegangen ist.

      Schon bei einem globalen Temperaturanstieg um zwei Grad Celsius statt 1,5 Grad Celsius rechnet der Weltklimarat IPCC, dass sich die Anzahl an Menschen, die von Ernteausfällen betroffen sind, verzehnfacht. Damit könnte sich auch der globale Hunger vervielfachen. Bei einem Anstieg um drei Grad Celsius wären sogar fünfmal mehr Menschen betroffen, als bei zwei Grad Celsius

      Hoher Lebensmittelabfall in Österreich

      In Österreich werden jedes Jahr zwischen 700.000 und einer Million Tonnen an genießbaren Lebensmitteln entsorgt - im privaten Haushalt, im Handel, in der Lebensmittelindustrie und bereits in der Landwirtschaft. Zum Größenvergleich: In der Saison 2017/2018 wurden in Österreich insgesamt 670.623 Tonnen Gemüse produziert. Die Verschwendung von natürlichen Ressourcen, die mit der Verschwendung von Lebensmitteln einhergeht, stellt eine nicht zu unterschätzende Schwachstelle in Österreichs Versorgungssicherheit dar. Eine Reduktion des vermeidbaren Lebensmittelabfalles in Österreich um 50 Prozent würde dazu führen, dass 15 - 20 Prozent weniger Lebensmittel produziert werden müssten. So würden auch jene durch die Lebensmittelproduktion verursachten Treibhausgas-Emissionen um 15 - 20 Prozent sinken. Darüber hinaus kostet die Lebensmittelverschwendung die österreichischen Haushalte auch viel Geld, nämlich 277 Euro pro Jahr und Haushalt.

      Weltweit werden in einem Jahr ca. 1,4 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeworfen oder gehen entlang der Wertschöpfungskette verloren. Das ist rund ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel. Bereits mit einem Viertel dieser Menge könnte theoretisch der globale Hunger gestillt werden. Die weltweite Verschwendung von Lebensmitteln verbraucht 28 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Flächen - in Summe ca. 1,4 Milliarden Hektar Land. Wenn diese Fläche ein eigenes Land darstellen würde, wäre es das zweitgrößte Land der Welt nach Russland und noch deutlich vor Kanada.

      Die Menschen in Österreich essen mit 64,1 kg pro Kopf und Jahr rund dreimal mehr Fleisch als die gesundheitlich maximal empfohlenen 22 kg. Der Überkonsum von Fleisch hat neben negativen gesundheitlichen Auswirkungen (von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis zu Krebs) auch problematische Konsequenzen für die Verfügbarkeit von landwirtschaftlicher Fläche: Denn mindestens 52 Prozent der Ackerflächen (Weideflächen sind hier bereits herausgerechnet) in Österreich werden für die Produktion von Tierfuttermitteln genutzt. Und trotzdem muss Österreich zusätzlich noch über 500.000 Tonnen Soja-Futtermittel importieren, für das in Übersee oft wertvolle Wälder zerstört werden.

      Die Umwandlung von pflanzlichen zu tierischen Kalorien (also der Anbau von Pflanzen wie etwa Futtermais, um diese dann an Nutztiere zu verfüttern) ist allerdings höchst ineffizient. Je nach Tierart müssen zwischen vier und zehn Kilokalorien Futtermittel für eine Kalorie Fleisch investiert werden. Das führt dazu, dass in Österreich 58 Prozent des gesamten Getreides, 86 Prozent aller Hülsenfrüchte und 22 Prozent der Ölsaaten an Tiere verfüttert werden - dabei könnten diese auch in Form von pflanzlichen Lebensmitteln direkt in die Versorgung von uns Menschen gehen.

      Hoher Fleischkonsum
      Der viel zu hohe Fleischkonsum stellt damit in zweifacher Hinsicht eine ernsthafte Bedrohung für unsere Versorgungssicherheit dar: Erstens werden dadurch viel zu viele landwirtschaftliche Flächen gebunden, was die insgesamte Produktivität an Kalorien und gesunden Lebensmitteln in Österreich reduziert. Zweitens sind wir dadurch stark vom reibungslosen Ablauf von Futtermittel-Importen von anderen Kontinenten abhängig. Das ist im Krisenfall nicht gewährleistet. So kamen dringend notwendige Futtermittel-Lieferungen aus Südamerika zu Beginn der Coronakrise mit rund 15 Tagen Verspätung nach Europa. Die entstandene Lücke konnte nur mit Mühe durch europäische Futtermittel gedeckt werden. Hätten die Lieferprobleme wenige Wochen länger angedauert, hätte das gravierende Auswirkungen vor allem auf die Schweine- und Geflügelbranchen gehabt.

      Eine Reduktion vor allem des übermäßigen Fleischkonsums und damit einhergehend ein höherer Konsum von gesunden, pflanzlichen Lebensmitteln wäre daher ein großer Beitrag zur langfristigen Sicherung der Versorgungssicherheit in Österreich. Schon eine Reduktion des Fleischkonsums um ein Drittel würde Ackerflächen im Umfang von 314.466 Hektaren frei machen.

      EU-weit hätte die Halbierung des Konsums von Fleisch, Milchprodukten und Eiern in der Europäischen Union entscheidende Effekte auf unsere Umwelt. Treibhausgas-Emissionen aus der Lebensmittelproduktion würden um bis zu 40 Prozent sinken und die Pro-Kopf-Nutzung von Ackerland für die Lebensmittelproduktion würde um 23 Prozent sinken. Die Europäische Union würde zum Nettoexporteur von Getreide werden, der Bedarf an Soja würde um 75 Prozent sinken. Damit würde auch die Importabhängigkeit von Soja massiv zurückgehen.

      Verlust fruchtbarer Böden
      Unsere Ernährungssicherheit hängt wesentlich von der Bodenfruchtbarkeit und Verfügbarkeit von gesunden Böden ab. Als endliche Ressource wird gesunder Boden weltweit, aber auch in Österreich immer mehr zu einem knappen Gut. Die Verschlechterung der Bodenqualität durch zu intensive Bewirtschaftung und Bautätigkeit beruht im speziellen auf Abnahme der Bodenfruchtbarkeit (z.B. Abnahme des Humusgehaltes, Nährstoffverluste, Schadstoffbelastungen, etwa durch Pestizide, etc.), Bodenverdichtung (z.B. durch zu schwere Maschinen oder falsche Bodenbearbeitungszeitpunkte), Bodenerosion (z.B. durch Wasser oder Wind) und Bodenversiegelung (z.B. Bautätigkeiten, Gewerbeflächen).

      Eines der großen Probleme in Bezug auf den Bodenschutz in Österreich und international ist die Bodenerosion. Bodenerosion (durch Wasser und Wind) hat insbesondere in der konventionellen Landwirtschaft stark zugenommen. In Österreich sind 839.000 Hektar – also ca. 25 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen – von Erosionsgefährdung betroffen. Das ist eine ernstzunehmende Achillesferse der österreichischen Lebensmittelproduktion.

      Auch in diesem Bereich wirtschaftet die biologische Landwirtschaft nachhaltiger, als die konventionelle. Ein österreichweiter Vergleich zeigt auf biologischen Ackerbau-Betrieben einen deutlich niedrigeren jährlichen Bodenabtrag (im Mittel 3,7 t/ha) als auf konventionellen Ackerbau-Betrieben (im Mittel 6,9 7/ha). Der Bodenverlust war auf konventionellen Betrieben also fast doppelt so hoch. Das ist sehr bedenklich, schließlich führt zunehmende Bodenerosion zu Ertragsrückgängen und verschlechtert auch die Möglichkeiten, sich an die Klimakrise anzupassen.

      Ein zusätzliches, großes Problem ist die Versiegelung von landwirtschaftlichen Flächen durch Bautätigkeiten. Der österreichische Flächenverbrauch liegt im Schnitt bei 14,7 Hektar pro Tag. Dadurch gehen produktive landwirtschaftliche Flächen zunehmend verloren, was unsere Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln gefährdet. Zusätzlich gibt es dadurch immer weniger Böden, die Niederschläge aufnehmen können, was das Risiko für Überschwemmungen erhöht.



      Quelle: Greenpeace
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      • #4
        Weitere Risiken für die Lebensmittelversorgung

        Flächenkonkurrenz zwischen Produktion von Lebensmitteln und Produktion von “Agrotreibstoffen”

        “Bio-Treibstoffe” - also die Verwendung von pflanzlichen Ölen als Energiequelle - wurden etwa von der Automobilindustrie lange Zeit als ein probates Instrument propagiert, um Treibhausgasemission zu reduzieren. Seit 2005 wird Agro-Diesel in Österreich dem herkömmlichen Diesel beigemischt. Dabei ist längst wissenschaftlich erwiesen, dass Agro-Diesel in der Regel sogar eine schlechtere Klimabilanz als Diesel auf Mineralölbasis hat. Das ist vor allem auf die Waldzerstörung für Pflanzenöle - etwa Palmöl - zurückzuführen. So landen 70 Prozent des nach Österreich importierten Palmöls im Tank.

        Aber auch die Verwendung von regionalen Ölen - Rapsöl und Sonnenblumenöl - als “Agrotreibstoffe” ist negativ zu bewerten. Schon ohne die energetische Verwendung kann Österreich seinen Bedarf an Raps- und Sonnenblumenöl jeweils nur zu einem Drittel selbst decken. Jegliche Produktion von Ölen für den Tank verstärken daher die österreichische Importabhängigkeit. Gleichzeitig könnten gerade im Inland produzierte pflanzliche Öle direkt für die Lebensmittelversorgung genutzt werden und damit die Krisenfestigkeit unseres Lebensmittelsystems erhöhen: Öle für uns Menschen und nicht für den Tank.

        Gefährdung der kleinbäuerlichen Strukturen

        Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich ist von 1995 bis 2013 um 30 Prozent gesunken. Von 2013 bis 2016 sank die Zahl der Betriebe noch einmal um drei Prozent. Mit der Abnahme landwirtschaftlicher Betriebe geht auch eine Größenkonzentration einher: Wurde 1951 von einem Betrieb im Durchschnitt eine Gesamtfläche von 18,8 Hektaren bewirtschaftet, so waren es 2016 bereits 45,2 Hektare.

        Die europäischen und österreichischen Agrarfördermittel werden in erster Linie nach Größe vergeben – d.h. danach, wie viele Hektare ein Betrieb bewirtschaftet. Volkswirtschaftlich gesehen wird damit besonders (Groß-)Grundbesitz gefördert. Derzeit erhält ein Prozent der europäischen Großbetriebe ein Drittel aller öffentlichen Agrarfördermittel.

        Die Coronakrise hat gezeigt, dass ein resilientes, regional verankertes Lebensmittelsystem erforderlich ist, das die Bevölkerung auch im Krisenfall verlässlich mit ausreichend und gesunden Lebensmitteln versorgt. Die zunehmende Ent-Regionalisierung der Wertschöpfungsketten in der Lebensmittelproduktion und der steigende wirtschaftliche Druck auf kleine und vielfältige landwirtschaftliche Strukturen macht die Lebensmittelversorgung jedoch krisenanfälliger.

        Zunahme sozialer Ungleichheit und Leistbarkeit nachhaltiger, gesunder und regionaler Lebensmittel


        Eine gesunde, ausgewogene Ernährung zu leistbaren Preisen ist für uns alle lebensnotwendig. Eine sichere Versorgung mit ausreichend und gesunden Lebensmitteln ist nur dann gewährleistet, wenn sie sich auch im Krisenfall noch alle leisten können. Andererseits brauchen auch LandwirtInnen stabile Preise, damit sie sinnvoll wirtschaften und investieren können. Die aktuelle Coronakrise zeigt uns gerade in Echtzeit, wie schnell die Preise durch eine Krise instabil werden können: So sind die Preise für frische Lebensmittel EU-weit als Folge der Coronakrise deutlich angestiegen. Lag die Inflation für frische Lebensmittel im Jänner noch bei 2,3 Prozent und im Februar bei 2,6 Prozent, haben sich die Preissteigerungen im März – also dem Monat in dem Corona zunehmend die europäischen Staaten im Griff hatte – schon deutlich auf 3,6 Prozent erhöht. Im April stieg die Inflation bei frischen Lebensmitteln schon auf 7,6 Prozent (!). Für Mai 2020 wird die Inflation in der EU vorläufig auf 6,5 Prozent geschätzt. Das macht es gerade für einkommensschwache Haushalte zunehmend schwierig, sich eine gesunde, auf frischen Lebensmitteln basierende Ernährung leisten zu können. Vor allem, da sich gerade in Krisensituationen für viele Menschen auch das Einkommen reduziert - etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit.

        Für Österreich ergab eine Erhebung der Arbeiterkammer, dass die Lebensmittelpreise in österreichischen Supermärkten vor allem am Anfang der Corona-Krise angestiegen sind. So stiegen die Kosten für einen definierten Warenkorb zwischen 4. März und 18. März 2020 bei Billa um 6,6 Prozent und bei Interspar um vier Prozent.

        Im gleichen Zeitraum sind die Erzeugerpreise für bestimmte tierische Produkte wie etwa Rindfleisch gefallen. Das treibt wiederum LandwirtInnen potentiell in den finanziellen Ruin. Ein stabiles, regional verankertes Lebensmittelsystem mit stabilen Preisen ist also gesamtgesellschaftlich enorm wichtig - im Krisenfall umso mehr.

        Studien konnten allerdings auch zeigen, dass ein fiktiver gesunder Warenkorb nach den Ernährungsempfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung - das heißt hier werden vor allem deutlich weniger sehr fetthaltige oder zuckerhaltige Produkte sowie deutlich weniger Fleisch gekauft – deutlich preisgünstiger ist, als die Durchschnittseinkäufe der Menschen in Österreich. Mit dem gleichen Budget könnten bei einem gesunden Warenkorb 70 Prozent der Produkte in Bio-Qualität gekauft werden.

        Daher könnten politische Initiativen für eine gesündere Ernährung auch zur besseren Leistbarkeit von Lebensmitteln beitragen. Sozialpolitische Unterstützung für einkommensschwache Haushalte - etwa in der Form von Zuschüssen oder Steuererleichterungen - bleiben jedoch unabdingbar, um den Zugang zu ausreichend und gesunden Lebensmitteln für alle zu gewährleisten.


        Lösungen & Forderungen
        Für die größten Gefahren für die Lebensmittelversorgung in Österreich werden in der Analyse wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze vorgeschlagen. Aufgrund von Synergien überschneiden sich die Maßnahmen zu den verschiedenen Problembereichen teilweise - so hätte zum Beispiel die verstärkte Förderung von biologisch bewirtschafteten Flächen positive Auswirkungen auf mehrere Problembereiche, wie etwa die Klimakrise, Futtermittelimporte, die Flächenkonkurrenz und den Verlust fruchtbarer Böden. Genauso hätte eine Reduktion des übermäßigen Fleischkonsums positive Auswirkungen auf die meisten der Problembereiche.

        Greenpeace fordert von der Bundesregierung, eine krisensichere Lebensmittelversorgung umzusetzen. Dafür legt die Umweltschutzorganisation auf Basis der wissenschaftlichen Vorschläge einen 10-Punkte-Plan für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem vor, das uns langfristig Versorgungssicherheit garantieren kann:

        Ambitionierter Ausbau der biologischen Landwirtschaft - 40 Prozent Bio-Flächen bis 2030: Die Bio-Landwirtschaft trägt zur Lösung gleich mehrerer Probleme bei. Sie ist klimafreundlicher, weniger abhängig von importierten Betriebsmitteln (etwa Pestizide, Futtermittel oder Düngemittel) und hinterlässt fruchtbarere Böden.

        Reduktion des Fleischkonsum um 50 Prozent bis 2030: Dadurch leben wir gesünder und erhöhen die Versorgungssicherheit, weil einerseits Flächen frei werden, die jetzt für Futtermittelproduktion genutzt werden und andererseits die Abhängigkeit von Soja-Importen sinkt.

        Transparente Kennzeichnung von Lebensmitteln nach Herkunft und Qualität in allen Bereichen: Der Wandel hin zu einem sicheren, nachhaltigen, regionalen und krisenfesten Lebensmittelsystem kann nur mit der Hilfe von KonsumentInnen gelingen. Dafür müssen diese aber auch die entsprechenden Informationen über die Lebensmittel zur Verfügung gestellt bekommen.

        Öffentliche Beschaffung auf ein krisenfestes Lebensmittelsystem ausrichten: Die Öffentliche Hand gibt jedes Jahr mehrere hundert Millionen Euro für Lebensmittel aus. Diese sollten in Zukunft nicht nach dem Billigstbieterprinzip vergeben werden, sondern danach, ein krisenfestes Lebensmittelsystem zu fördern - das heißt mehr Bio, mehr regional, saisonal und weniger Fleisch.

        Lebensmittelabfälle halbieren bis 2030: Eine Halbierung des Lebensmittelabfalles in Österreich würde dazu führen, dass 15 - 20 Prozent weniger Lebensmittel produziert werden müssten, was unsere Versorgungssicherheit erhöht und auch die Treibhausgasemissionen aus der Lebensmittelproduktion um 15 - 20 Prozent reduziert.

        Gezielte Unterstützung einkommensschwacher Haushalte - etwa durch finanzielle Zuschüsse oder durch sozial gestaffelte Abgaben-Entlastungen: Nur wenn wir uns auch alle im Krisenfall noch ausreichend und gesunde Lebensmittel leisten können, ist die Versorgung von uns allen gesichert.

        Verdoppelung der finanziellen Mittel für das österreichische Agrarumweltprogramm: Im Rahmen des österreichischen Agrarumweltprogrammes werden konkrete Maßnahmen für Umwelt- und Klimaschutz finanziell unterstützt. Die zweckgewidmeten Fördermittel für Leistungen der Bäuerinnen und Bauern im Bereich Klima-, Biodiversitäts- und Umweltschutz sowie Tierwohl sollten von derzeit 25 Prozent auf 50 Prozent der Gesamt-Agrarförderungen erhöht werden.

        Gezielte Förderung kleinbäuerlicher Strukturen in Österreich: Agrarfördermittel sollen nicht weiter nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, sondern vor allem kleinteilige Strukturen stärken.

        Keine weitere Beimischung von pflanzlichen Ölen (etwa Palmöl, Sojaöl, Rapsöl, Sonnenblumenöl) zu Diesel: Flächen, auf denen Pflanzen für Agrotreibstoffe angebaut werden, sollten in Zukunft wieder zur Produktion von Lebensmitteln dienen, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

        Halbierung der jährlichen Bodenversiegelung bis 2025: Durch ein Maßnahmenbündel aus Raumplanung, Städteplanung, verstärkten Schutzmaßnahmen für landwirtschaftliche Nutzflächen und gezielter Entsiegelung, um zu verhindern, dass uns weiterhin täglich fruchtbare Böden verloren gehen.

        Quelle: Greenpeace

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        • #5
          Der Selbstversorgungsgrad ist nicht so hoch

          Der hohe Selbstversorgungsgrad bei gewissen Lebensmitteln täuscht.

          Beispiel Schweinefleisch: Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch (102 Prozent) im Jahr 2019 lässt vermuten, dass wir keine Importe brauchen. Doch gerade das Schwein ist ein gutes Beispiel, um internationale Verbindungen aufzuzeigen. Denn viele Teilstücke, die bei uns keine Käufer finden, werden in Staaten – etwa in Asien – exportiert, deren Gusto sich vom Schwanz über die Füße bis zum Schweinekopf erstreckt. Im Gegenzug muss Österreich seine traditionellen Lieblingsteile wie Filetstücke und Edelteile auch aus anderen Ländern importieren, um die Nachfrage im eigenen Land zu decken.

          Beispiel Eier: Der Selbstversorgungsgrad bei Eiern (86 Prozent) berücksichtigt alle österreichischen Eier aus Freilandhaltung, Bodenhaltung und Bioproduktion. Diese werden zu einem überwiegenden Teil über den Lebensmitteleinzelhandel verkauft. Der Rest wird exportiert beziehungsweise in der Gastronomie und für die Lebensmittelverarbeitung (großteils in weiterverarbeiteter Form – etwa als Eipulver) benötigt. Die tatsächliche Selbstversorgung mit Eiern liegt demnach deutlich unter dem angegebenen Wert. Daher müssen zusätzlich Eier beziehungsweise Eiprodukte für die Versorgung Österreichs importiert werden.

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